inoffiziell
Kreta, März/April 2013, 1 Monat
inoffiziell sollten sie arbeiten, nicht illegal. und das taten sie auch, die Tierärzte des Tierärztepool – alles andere als ineffizient!
Ich begleite die Tierärzte des Tierärztepool der Arche Noah Kreta e.V. auf einen der vielen Behördengange auf Kreta. Immer wieder gibt es Punkte, die ihnen verbieten, streunende Tiere zu kastrieren – anfänglich war es die nicht vorhandene griechische Zulassung als Tierarzt zu praktizieren. Als dies nachgeholt wurde war es die nicht vorhandene Praxis. Sucht man sich hierzu auf eigene Faust ein geeignetes Gebäude, dann hat man nicht das richtige Auto um Tiere zur Kastrationsaktion zu transportieren. Hat man dieses, dann fehlt einem die Lizenz Tiere einzufangen. Ja, und so weiter.
Ich bin für einen Monat auf Kreta um eine Fotoreportage für mein Studium zu machen und besuche hierzu die Partner des Tierschutzvereins. Bis Ines kommt. Ines wird von allen regelrecht gefeiert – sie kastriert 40 Tiere am Tag, im Schnitt braucht sie weniger als 10 Minuten für eine Hündin, der wohl komplizierteste Eingriff neben Rüden, Katzen und Katern. Wenn ich von meinen Besuchen bei den Partnern wieder komme, besuche ich sie und ihre Assistentin wo auch immer sie gerade sind. Die Kastrationsaktionen finden noch geheim statt.
Der Bürgermeister(-vertreter) von Chania, ein Tierfreund, legt ihnen nahe, erstmal nicht illegal, dafür aber inoffiziell zu arbeiten – die Tierärzte Kretas sind nicht begeistert davon, dass deutsche Tierärzte ihnen potentielle Arbeit abnehmen, für die sie schließlich Geld kassieren würden. Aber mal ehrlich: wer bringt einen streunenden Rüden zum Tierarzt um für dessen Kastration zu zahlen?
Freunde und Partner des Tierärztepool stellen Räumlichkeiten zur Verfügung. So finde ich mich in Garagen, Wohnzimmern und Küchen wieder, in denen Ines und Klüsi ihren OP Tisch aufbauen. Davor stehen die anderen Eingeweihten Schlange mit all ihren Tieren; eigene Schützlinge, eingefangene Katzen, gefundene Opfer von Verkehrsunfällen usw…. Kastriert werden sie alle – und was sonst noch so anfällt. Von offenen Wunden, gebrochenen Knochen, Geschwüren und Ekzemen – so ziemlich alles ist vertreten. Auch Abtreibungen.
Ein Straßentier, besonders die Katze, soll danach wieder auf die Straße; da kommt es her, das kennt es und da will es auch lieber sein; lieber auf der Straße als eingesperrt irgendwo in einem Käfig oder einer Wohnung. Nur vermehren sollte es sich nicht. Das eine Schicksal auf der Straße reicht – vorallem, weil es davon schon mehr als nur eines gibt. Mehr als genug.
Jeder der Partner, die ich besuche, schnauft und blickt wehmütig drein. Noch MEHR Katzen oder Hunde können sie einfach nicht aufnehmen…aber da war dieses Bündel Katzenbabys im Müllcontainer…wenn es keiner nehmen kann…
Jedes kastrierte Tier wird tättowiert und – damit man sich die Mühe sparen kann, ein Tier versehentlich wieder einzufangen und zur Kastration zu bringen – bekommt eine Ecke aus dem Ohr geschnitten. Wer also 2x in die Falle tappt, darf beim 2ten Mal direkt wieder gehen und den Käfig für einen anderen frei machen.
Kastrationsaktion bei Jacky, die sich nicht als Partnerin von mir fotografieren lassen möchte – keine Lust auf lästige Behörden und Beschwerden… Aber ihre Küche gibt die liebliche Engländerin gerne her…
Kastrationsaktion im Keller. Tische sind selten hoch genug; noch dazu ist Ines nicht sonderlich klein. Ihre eigenen Hunde liegen immer brav im Hintergrund.
Kastrationsaktion bei Verena. Sie lebt seit ihrer Jugend auf Kreta. Ihr Haus ist diesmal der Hundezwinger – das große „Gehege“ befindet sich rings herum; viele kleine Hunde werden diesmal kastriert und damit wären sie bereit zum Transport. Nach Deutschland zum Beispiel. Für Vermittlungen stehen diverse Kontakte auf der Seite des tierärztepool!
Kastrationsaktion bei Freida. Die Engländerin lebt mittlerweile nicht mehr auf Kreta. Ihr Tierheim begann sie bereits während meines Aufenthalts abzubauen. Die Tiere wurden vermittelt; keine neuen aufgenommen.
Kastrationsaktionen in leerstehenden Gebäuden…
Kastrationsaktion in einem Gebäude auf der Militärbasis. Die Jungs vom Militär helfen beim einfangen der streunenden Hunde.
die Tierärzte des Tierärztepool hatten ein Haus auf der Insel; auch ich war dort untergebracht. wenige wussten wo es sich befindet. noch weniger, dass auch dort praktiziert wurde… das ein oder andere Tier wurde zur Behandlung von Wunden hier her gebracht. Carry (rechts) kam kurz vor meiner eigenen Ankunft und war noch da, als ich ging. Sie viel von einem Anhänger während das Auto fuhr. Angebunden war sie natürlich. Hinterhergeschliffen, bis der Fahrer es merkte. Jetzt, mit einer klaffenden Wunde am Bein nutzlos für ihren Besitzer. Sie dürfen sie also behalten. Aber: Hut ab, manch anderer hätte sie einfach am Straßenrand liegen und verrecken lassen. Er hatte von den Tierärzten gehört, die kostenlos operieren, also brachte er sie zu ihnen.
Die Wunde ist fies. Carry muss es über sich ergehen lassen, sie täglich ausspülen zu lassen (im Bild: Melanie). Man will das Bein nicht verlieren; aber noch wichtiger: die Wunde verheilt nicht und man muss sichergehen, dass es keinen Virus gibt, der sich ausbreitet – dann würde eine Amputation nur dazu führen, dass sich der Stumpf weiter oben entzündet… man erfährt die Vorsicht war nicht umsonst: E.Coli.
der Angsthase links im Bild hat eine Schwellung am Bein; Melanie zieht die Flüssigkeit ab.
das kleine Kuscheltier oben rechts mit Carry wurde beispielsweise einfach „liegen“ gelassen; er kam halbtot zu den Ärzten, die Hinterbeine haben sich auch nicht erholt – der ganze hintere Teil um genau zu sein. Am Ende mussten wir ihn einschläfern.
Ich selbst brauchte nach meiner Zeit auf Kreta erstmal Abstand zu all dem. Sonst wäre ich wahrscheinlich einfach wieder runtergeflogen – bildet man sich als Fotograf auch ein, dass man mit Bildern helfen kann. Gerne würde ich das zwar tun, aber bis sich die Zeit dafür findet, bleibe ich beim Spenden. Den Link zum Spendenkonto findet man auf der Seite des Tierärztepool.
Und: das ein oder andere schönes Bild entstand – beim Verkauf geht auch hier ein Teil als Spende beim Tierärztepool ein. „schöne“ Bilder zu sehen in meinem Beitrag über die Partner „out of sight – out of soul„
Das entstandene Buch dieser Fotoreportage über den Tierschutz auf Kreta mit meinem vollständigen Bericht über die Tierärzte, den Partnern und den Aktionen mit dem Titel „out of sight – out of soul“ kann ebenfalls erworben werden.
21×27,5cm
132 Innenseiten, 200 g/mÇ Bilderdruck mattgestrichen, Fadenheftung, 4/4c (beidseitig farbig bedruckt, bleibt durch Fadenheftung offen liegen, lässt sich ganz öffnen)
Softcover, 250 g/mÇ matt Chromokarton, Cellophanierung Titelseite matt, U 4/0c
85,-€ inkl. 19%MwSt, zzgl. Versand
Unter Verschluss sollte ich diese Bilder halten, mindestens so lange, bis die Griechen sich nicht mehr sträuben. Das tun sie nun nicht mehr… Die Tierärzte kastrieren inzwischen frei von allen Geheimnistuereien.