Malle ist nur einmal im Jahr
Schon im Flieger hab ich mich gewundert, zwischen was für Menschen ich mich hier befinde. Der kräftige Typ vor mir versucht seiner Frau zu erklären, dass sie jetzt nicht auf die Toilette kann. Ich Dreh mich um – recht hat er, alle Toiletten sind rot, die Stewardessen stehen da und warten, dass es los gehen kann. Sie will trotzdem und zwängt sich an ihm vorbei in so hohen Schuhen, dass sie kaum damit laufen kann. Ihr kurzer Rock betont das Gehampel noch mehr und gewährt bis zur Pofalte Blick auf die Ü-fünfzig Haut. Ein paar Reihen vor mir eine etwa zehnköpfige Truppe die lauthals ihren Malleurlaub einläuten lässt. Die hampelnde Dame kommt betröppelte zurück, weil sie eben jetzt noch nicht auf die Toilette kann. Das viele Makeup um ihre Augen lässt sie noch älter aussehen, weil sie sich schminkt wie eine sechzehnjährige in den 90er Jahren… Unter der Maske kommt ein Mickey Maus Gesicht zum Vorschein – spitz operierte Nase und aufgespritzte Lippen. Ich hab genug gesehen. Die laute Truppe weiter vorne feiert nun auch noch Geburtstag. Ein Mädel nimmt „ihn“ ganz wichtig mit nach hinten zu den abgesperrten Toiletten um ihm sein Geschenk zu überreichen – was von allen anderen grölend bejubelt wird.
Kaum werden die Toiletten geöffnet ist der Andrang groß und ich kann mir weitere Gestalten ansehen, ich sitze nämlich in der letzten Reihe.
Als wir landen muss die Stewardess mehr als drei mal gehen um all die leeren Bierdosen der Truppe in den Mülleimer zu bringen.
Jan, der weiter vorne zwischen schreienden Kindern, einem turtelnden Lesbenpaar und einer total überforderten Übermutter saß, darf vor mir aus dem Flieger. Die hampelnde Mickey Maus Frau kann er aber auch noch sehen, ich zeig sogar mit dem Finger drauf so lustig find ich sie in ihren klobigen Plateauschuhen.
Wir lachen schadenfroh. Man, werden die enttäuscht sein, ist doch nix los am Ballermann um die Jahreszeit…
Als wir im Hotel angekommen sind warten wir auf eine Frau, die ihr Zimmer wechseln will – ihre Dusche geht nicht und überhaupt ist das ganze Bad eine Baustelle. Wir gehen in unser Zimmer und …sind negativ überrascht. Ein Zimmer direkt am Aufzug, knallende Türen, muffiger Geruch, winziger Raum, der stockfinster scheinbar seit Corona kein Tageslicht gesehen hat und nicht gelüftet wurde. Puh. Wir checken das Bad. Yes, Baustelle. Der Duschkopf kommt einem entgegen, das Wasser kommt nur aus dem Hahn, der Wechsler ist mit Tape festgeklebt, was nicht viel bringt, aus ihm läuft und spritzt ebenfalls das Wasser. Der Duschkopf bleibt trocken. Wir gehen runter und wollen auch unser Zimmer wechseln. Es dauert, aber es klappt. Während es dauert will ein bereits ziemlich zerstörter junger Kerl immer wieder eine neue Karte. Das Zimmer lässt sich nicht damit öffnen. Er ist wohl vom Vorabend so zerstört, dass er mehr an sich selber zweifelt, als am Hotel.
Der Versuch der deutschsprachigen Rezeptionistin ihn auf andere Gedanken zu bringen wirkt kläglich und verwirrt ihn nur noch mehr. Er wäre ja schonmal hier gewesen, meint sie, letztes Jahr vielleicht?! Hä?! Ne, keine Ahnung, weiß nicht. Vielleicht im Pabisa Bali, ja vielleicht von da. An die Dame, die eben ihr Zimmer gewechselt hat wegen der Baustelle im Bad und nun nochmal wegen nicht funktionierender Karte da steht, kann sie sich allerdings nicht erinnern – und dass ich ebenfalls auf ein neues Zimmer warte auch nicht.
Im Laufe unseres sechsnächtigen Aufenthalts müssen wir etwa viermal runter zur Rezeption um unsere Karten erneuern zu lassen. Das Hotel ist mehr als renovierungsbedürftig. Auch der Wasserkanal läuft über und muss morgens um 5 abgepumpt werden. Jan bricht beim Anlehnen an die Balkonbrüstung direkt eine Strebe ab. Der Siffon der Toilette tropft, was dazu führt, dass wir diesmal nicht auf den täglichen Zimmerservice verzichten. Aber: unser Balkon hat am Abend Sonne bis wir hungrig genug sind um uns auf das Buffet zu stürzen, insbesondere das Salatbuffet ist nämlich tatsächlich ganz gut.
Ok. Die Saufköpfe werden nicht enttäuscht. Der Mega Park hat die Malle-Saisom dieses Jahr schon in der ersten Aprilwoche eröffnet. Das werden wir nicht nochmal übersehen. Mallorca ist voll, unser Hotel ist voll. Voll mit Bierkönig-t-Shirt-tragenden Turis aus bayerischen Dörfern und Österreich.
Wir leihen uns Rennräder aus. Auch das ist schwieriger als gedacht, klappt aber. Für 126€ p. P. bekommt jeder ein gut laufendes Carbonbike, das einem das Gefühl gibt, man könnte sich vielleicht mal ein neues Rennrad gönnen…
Tagsüber entkommen wir damit den Biertouristen und befinden uns zwischen Biketouristen. Nachts nicht. Es wird gegrölt, gelacht, geschrien und gestritten. Wir haben sogar das Glück, dass einer der Hotelgäste ein Megafon auftreibt um damit seine Kumpels aus den Zimmern zu kommandieren – was natürlich seine Zeit braucht. Zum Überdruss stellt der deutsche Supermarkt gegenüber, von unserem Balkon aus gut zu sehen, auch noch einen hau-den-Lukas auf, den man Tag und Nacht mit Euros füttern und behauen kann. Solche Nachbarn will man haben.
Gut. Haben wir das auch mal gesehen.
Wir gehen einmal in Palma Mittagessen – Käseplatte für 13,50€. Das dazugehörige Brot müssen wir zweimal ordern und bekommen es, nachdem wir die Hälfte der Platte bereits gegessen haben. Die Rechnung bestellen wir noch vor dem letzten Happen, wir wollen schließlich irgendwann auch mal wieder los um dann noch ne kleine Runde zu fahren. Sie kommt wieder und sagt uns, es mache 36€. Hm, ne, ich glaub nicht, die Rechnung bitte. Ja, die Kollegin kommt – 19,80€ macht’s, plus 0,70ct für keine Ahnung was, aber egal, sie kriegt 21€ und wir gehen. Was war das denn für ein Abzockversuch?! Sollen wir die Köseplatte doppelt bezahlen und obendrein noch ein Getränk, das wir nie hatten?!
Ne, nächstes Mal lieber wieder VOR der Malle-Saison.