Heroes

Juli, 2012
junger Mann wischt sich den Schweiß mit seinem Arm aus dem Gesicht

Tavella, Italien,  Juli 2012, 1 Woche 

mit Yannick und Adam.

weil Yannick mich alle 4 Jahre anruft um auszutauschen was bisher geschah – diesmal ging das Gespräch so los: Hey Julie, wie gehts?! …lang nichts mehr gehört…Ich fahr eine Woche mit Adam nach Tavella – kommst du mit?“

klar komm ich mit. ich bin zwar grad mega knapp bei Kasse, eigentlich pleite, aber… das geht schon, meint er… kostet nicht viel…wir haben da ein Grundstück, zahlen also schonmal nichts fürs Übernachten…

Ok.

ein Grundstück also, da steht auch ein Haus drauf. er hat mir früher immer davon erzählt, wie er und seine Freunde im Sommer dort hinfahren und erstmal alles an Unkraut und Brennnesseln entfernen und…naja, so wie es sich anhört…sich dabei eben ganz toll und männlich fühlen. In meiner Vorstellung stehen sie da, total verschwitzt und dreckig, mit einer Axt und jede Menge scharfer Messer in der Hand um alles kurz und klein zu schlagen. Das Meer ist natürlich nur einen Fußmarsch entfernt. Klar, Italien halt. Das Meer ist nie weit weg. 

Wir fahren also dahin, Adam, Yannick und Ich – mit meiner Cam natürlich und jede Menge Ideen, wie ich mit diesem Trip nicht nur ein Fotoprojekt in der Uni abhaken kann. Die Jungs erzählen mir, wie sie vollkommen autark dort leben – sie werden erstmal Speerspitzen schnitzen und Pfeile, mit dem einen kann man Vögel abschießen und mit dem anderen Wildschweine aufspießen. Alles klar.

Es holpert – war das ein Eichhörnchen? Oh nein, hab ich echt ein Eichhörnchen überfahren? Sollen wir zurück um es einzusammeln damit wir es aufpäppeln können? 

Ich sitze auf der Rückbank und kucke verdutzt von einem zum anderen.

Ich glaube das wird lustig.

Als wir da sind begrüßen wir die Bewohner des Hauses, besonders den Hausherren. Er freut sich! Ich frage leise nach einer Toilette, aber die Toilette des Hauses steht uns nicht zur Verfügung. Wir gehen in den Wald. Ich kucke kurz in die Richtung in die er deutet und sehe da eigentlich nur Grünzeug; kein Weg nur Gestrüpp. Da fängt das jetzt also an, mit dem kurz und klein schlagen…und es geht aufwärts. Und wo ist das Meer? Nur so…? irgendwo in diese Richtung da! …das klingt weiter weg…

Wir schlagen unser Lager auf, es besteht aus einer „freien“ Fläche und erstreckt sich auf 2 Etagen. Quasi. Es gibt eine Art Feuerstelle, die man erstmal von Unrat befreien muss. Auf der unteren Etage kommt das Zelt hin, auf die obere 2 Hängematten. Also eigentlich eine. Die zweite wird provisorisch aus einem langen Seil und Bundeswehr decken gebastelt. Cool eigentlich. Die beziehe ich.

Adam baut das provisorische Lager in Tavella aus Baumstämmen und Decken
Adam und Yannick spielen im Wald wie Kinder

Adam kannte ich vorher nicht. Er mich auch nicht. Er war skeptisch, weil „…du kannst doch hierher kein Mädchen mitnehmen“ – aber…doch, das ist Julie, das passt schon! 

positiv denken, dann ist das ein Kompliment.

Außerdem komm ich grad aus Bangladesch zurück. und ja, das passt schon! solange ich nicht jeden Tag Reis essen muss…

Die erste Nacht. Ich wache auf, es ist stockfinster, aber es kitzelt in meinem Gesicht. AMEISEN! Überall!!!

Grausam. Ich verlasse meine Hängematte und krieche zu Yannick ins Zelt. Da war er – der Beweis. Für Mädchen ist das nix hier.  

Die Jungs ziehen mich beide damit auf, dass es mir zu kalt war, ich Angst hatte, aber ich bleibe bei meiner Ameisenstory. Nach dem Frühstück und unendlich vielen Scherzen geht Adam lachend zu meiner Hängematte und schlägt die Decken zurück. Ein Satz nach hinten und das Lachen verstummt. HA, da sind sie, diese Biester. Alle wuseln zwischen den beiden Decken. Ekelig.

Das ganze wird jetzt natürlich ganz männlich angegangen. Spurensuche beginnt – und endet damit, dass wir einfach entscheiden: es gibt nur eine Hängematte, Platz im Zelt für 1-2 Personen und als Extra ein Plätzchen direkt vor der Feuerstelle. 

Falls wir in der nächsten Nacht von Größerem heimgesucht werden, als Ameisen – Wildschweine z.B. die wütend durchs Camp rasen könnten – werden die versprochenen Speere geschnitzt und so aufgestellt, dass sich das anrasende und wütende Wildschwein selbst aufspiest. Alles klar. 

Zum Vögel abschießen machen die Jungs sich Schleudern. Für Steinchen.

Muss ich erwähnen, dass wir Ravioli aus der Dose essen?

Der Supermarkt ist nicht weit entfernt.

Das Meer schon.

Ich komme gerne wieder mit! Wirklich. 

Die entstandene Fotostrecke konnte ich für ein Projekt einreichen, dass den Titel „Held“ hatte und völlig frei interpretiert werden durfte.

junger Mann wischt sich den Schweiß mit seinem Arm aus dem Gesicht
Blick den Hang hinunter an Adams in die Hüfte gestemmter Hand vorbei
mystischer Lichteinfall ins Camp in dem eine Steinplatte von einem großen Ast gehalten wird und Schuhe aneinandergelehnt trocknen
Yannick mit schwarzem Ruß im Gesicht
Adam trägt eine alte Army-Jacke und verstellt bei Yannick die Klettergurte
Yannicks Füße im Vordergrund, Adam unscharf im Hintergrund, Situation im Wald
Adam schnitt etwas aus Holz und steht vor einem kleinen Wasserfall im Wald
Yannick schaut durch ein Lupenglas in die Ferne
Yannick
eine Klopapierrolle auf einem Ast im Wald

Ach, die Toilette…ja, hier ist das Klopapier, geh den Hang hoch, dann links oder rechts…leg danach einen großen Stein drauf und…hoffe einfach, dass der Stein da schon lange liegt.

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